Bei der offenen Meditation beim Platzprojekt letzte Woche bin ich während der Meditation auf eine Idee gekommen…
Von Martin Stern habe ich eine Technik namens „Nailing“ gelernt. Wenn andere Meditationsübungen bei mir mal nicht so gut laufen und ich etwas Spaß beim Meditieren haben möchte, habe ich diese schon des Öfteren genutzt.
Die neue Idee war es, das Nailen der Gedanken, also das Aufmerken und Festpinnen des Gedanken, der gerade aufgestiegen ist und erkannt wurde, nicht nur rein im Geist durchzuführen, sondern in die äußere Welt zu tragen.
Das funktioniert folgender Maßen. Ich habe bislang 2 Variationen entwickelt, die beide ihre Qualitäten haben, die ich aber nicht in eine Form verschmelzen würde, da es sonst für meinen Geschmack mit zu viel mentaler Aktivität und Analyse einhergeht.
Grundlage für beide Variationen: Du nimmst einen Stapel Karteikarten (aber im Prinzip geht fast alles, was du in ca. 20-30facher Ausführung im Schoß halten kannst) und setzt sich in die normale Meditationshaltung. Jetzt praktizierst du die Meditationsübung, die gerade richtig für dich ist. Dabei setzt du zusätzlich besonders die Intention darauf Gedanken, die aufsteigen möglichst früh zu erkennen. Immer wenn du einen Gedanken bemerkst ziehst du nun eine Karte.
Variation 1: Bei der ersten Variante sortierst du die Karte bzw. den Gedanken, den du bemerkt hast, vor dir nach Stärke ein. Ich mache das so, dass ich 5 Stapel bilde. Ganz links sind Gedanken, die mich so stark in ihren Film gezogen haben, dass ich die ganze Meditationsübung vergessen habe und > 1-2 Minuten komplett weg war. Daneben kommt ein Stapel mit Gedanken, die mich zwar mitgezogen haben, die ich aber doch innerhalb von unter einer Minute erkannt habe und die mich fast haben vergessen lassen, was ich eigentlich gerade tue. Dann geht es weiter, bis ganz nach rechts. Dort sind Gedanken, die ich quasi im Entstehen bereits bemerkt habe. Hierzu muss man besonders wach sein, wie ich festgestellt habe, deshalb ist der Stapel meistens recht klein. Wie genau man die Gedanken einsortiert muss jeder für sich feststellen und sollte auf keinen Fall zu noch mehr Nachdenken führen. Ist finde es reicht vollkommen, wenn man das nach Gefühl macht. Ich führe tatsächlich sogar Protokoll, um einfach mal zu schauen, wie sich die Gedanken mit der Zeit so entwickeln. Ohne, dass ich es darauf anlege besonders wenige Gedanken zu haben. Mehr zu dem, was man bei der Übung beachten sollte weiter unten…
Variation 2: Du bildest Stapel zu den verschiedenen Themen, die dich beschäftigen. Sehr hilfreich ist es, wenn du dir vor deiner Sitzung überlegst welche Themen dich wahrscheinlich während der Meditation beschäftigen werden. Angenommen du hast am nächsten Tag einen wichtigen Termin, für den du heute mehrere Stunden etwas vorbereitet hast, dann ist es sehr wahrscheinlich, dass zu diesem Termin Gedanken auftauchen werden. Immer wenn du an diesen Termin denkst legst du eine der Karteikarten auf einen dafür vorgesehen Stapel. Taucht ein Gedanken zu einem anderen Thema auf, bildest du einen neuen Stapel. Was sehr hilfreich ist, ist wenn du sogar zu allen Gedanken, die sich mit der Meditationsübung beschäftigen einen Stapel bildest. Das verhindert ein wenig, dass du ins Überanalysieren deiner Gedanken verfällst. Generell ist es total faszinierend, wie sich Gedanken zu einem Thema immer und immer wieder durchmogeln wollen und meistens immer den gleichen Inhalt transportieren.
Einstellung zu der Übung und zu Gedanken allgemein: Ich finde es unglaublich wichtig, dass man die Übung nicht mit Verbissenheit durchführt. Das würde auf keinen Fall zu einem klaren Geist führen. Ich sehe das ganze wie ein Spiel. Ich freue mich, wenn ich einen Gedanken bemerkt habe und ärgere mich nicht darüber. Die ganze Übung orientiert sich an den Artikeln zu den 6Rs von Frank (Hier zu 1. Teil). Getreu dem Refresh your smile bin ich froh wieder im Jetzt zu sein, statt mich über den vergangen Gedanken zu be-schweren. Ich finde es einfach faszinierend zu beobachten, was für Gedanken in mir auftauchen und auch, wie sich die Gedanken im Laufe einer Meditation verändern. Bei Variante 1 fällt mir zum Beispiel auf, dass das Risiko für Gedanken der Stärke 3 oder höher nach 10 Minuten deutlich zunimmt. Ab da heißt es also vermehrt für mich darauf zu achten nicht in die subtle dullness und ins mind wandering zu verfallen.
Die Übung im Alltag integrieren: Auch wenn ich die Übung erst seit wenigen Tagen praktizieren ist es doch erstaunlich welch positive Auswirkungen sie auch auf meinen Alltag hat. So kam es neulich vor, dass mein Date für den nächsten Tag abgesagt hat, was mich normalerweise etwas beschäftigt und dafür sorgt, dass ich unnötig viel hineininterpretiere, ohne die Ausgangssituation komplett kennen zu können. Da ich sowieso gerade mit etwas völlig anderem beschäftigt war und keine Lust hatte noch einen Tab (ich vergleiche Gedanken manchmal mit Browsertabs…) zu öffnen habe ich mir innerlich meinen Karteikartenstapel vorgestellt und eine Karte für den Gedanken an das abgesagte Date gezogen und vor mich hingelegt. Schwupp war mein Kopf wieder viel freier und ich konnte mich wieder mit dem beschäftigen, mit dem ich mich gerade beschäftigen wollte.
Ich finde das verknüpfen einer Meditationsübung mit der äußeren Welt, indem man doch wieder nicht komplett still und ruhig sitzt, ist eine zweispaltige Angelegenheit. Es geht nicht ganz nach den alten Traditionen, aber gerade für westliche Menschen wie mich, die sich nur 15 Minuten pro Tag fürs Meditieren nehmen ist soetwas doch echt hilfreich.
Ich würde mich freuen, wenn ihr die Übung mal ausprobiert, selbst eine Variation kreiert und hier einen dazu Kommentar da lasst.